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Kein Vergeben Kein Vergessen 2 2020 08 17 c OAT Konstanz e1597659548752

Am 1. Jahrestag des faschistischen Anschlags in Hanau, bei dem neun Menschen ermordet wurden, ist die Wut, die Trauer, das Engagement und die Solidarität der Opferfamilien, zahlreicher Migrantenorganisationen, vieler Antifaschisten und vieler Jugendlicher ungebrochen. In Frankfurt demonstrierten 3000 Menschen diese Solidarität.

Am Abend des 19. Februar 2020 tötete der Faschist Tobias Rahjen in Hanau neun Menschen, überwiegend junge Leute aus Migrantenfamilien. Anschließend tötete er seine Mutter und feige sich selbst. Sein Vater – selber Faschist – wohnt weiter unbehelligt in direkter Nachbarschaft einiger Opfer. Darüber wurden die Angehörigen von der Polizei nicht informiert. Er bedroht sie in faschistischer Manier, ohne dafür belangt zu werden. Stattdessen wurden die Opfer und Angehörigen zum Teil direkt nach der Tat mit Gefährderansprachen belegt, damit sie "keine Rache" nehmen. An Selbstjustiz hatten die Angehörigen und Überlebenden des Abschlags überhaupt nicht gedacht. So macht der bürgerliche Staat Opfer zu Tätern! Von einer "Gefährderansprache" des faschistischen Vaters des Täters hat man hingegen nirgends etwas gelesen.

Die Anschläge der NSU, die Anschläge von Halle, Hanau usw. sind nicht das Werk versprengter Einzeltäter. Diese Mär dient der Spurenverwischung von faschistischen Strukturen auch in Teilen der Polizei und des Staatsapparats. Die MLPD fordert seit ihrer Gründung: Wehret den Anfängen! Kein Fußbreit den Faschisten! Verbot aller faschistischen Parteien und Organisationen!

Die Angehörigen, die Solidaritätsbewegung, die fortschrittlichen Migrantenorganisationen, die MLPD und ihr Jugendverband REBELL fordern seit einem Jahr die lückenlose Aufklärung! Es ist der Initiative der Angehörigen zu verdanken, dass bisher immer mehr Licht ins Dunkel der Hintergründe gebracht wurde. Warum wurde trotz Straf- und Ermittlungsverfahren seine Waffenbesitzkarte dem Täter nicht sofort entzogen? Warum waren die Notausgänge der „Arena Bar“ offensichtlich polizeibekannt verschlossen? Das ist klarer Ausdruck der Faschisierung des Staatsapparats. Unter anderem das war am Abend des 18. Februar 2021 in Frankfurt Thema. Der Landesverband der MLPD Rhein-Hessen-Saar berichtet: „Auf der gestrigen Kundgebung mit einem Demonstrationszug gedachten 3.000 Menschen der neun Opfer des faschistischen Anschlags in Hanau vor einem Jahr. Angemeldet waren nur hunderte Teilnehmer. Viele zeigten die Bilder der Opfer des Anschlags. Kritisch fanden die meisten, dass der Hintergrund der Anschläge, die faschistische Einstellung und die Verbindungen des Täters, in den Medien verdeckt oder verharmlost werden. Das Gedenken sollte eine Mahnung sein, faschistischen Organisationen keinen Spielraum zu geben und jegliche faschistische Organisation und ihre Propaganda zu verbieten. Darin waren sich viele einig.

„Wo wart ihr in Hanau?“, riefen Demonstranten den zahlreich anwesenden Polizisten entgegen. Lange nach dem Anschlag kam heraus, dass der Notruf der Polizei nicht ausreichend besetzt war, an dem Tag kein Durchkommen möglich war für die Meldung der ersten Mordanschläge. (…) Besonders die Beschönigung dieses Vorfalls stieß auf Kritik. Entgegen der Verbreitung der Vorstellung, es handle sich um „Einzelfälle“ hieß die Parole „Hanau ist überall“ und „Kein Vergeben - kein Vergessen“. Die Sammlung von Unterschriften für die Wahlzulassung der Internationalistischen Liste/MLPD war für viele Teilnehmer selbstverständlich – eine grundlegende Alternative zum Kapitalismus soll kandidieren. Andere waren dafür offen oder wollten sich ehrlich informieren. Die Einheit der antifaschistischen Kräfte muss auch die Zusammenarbeit mit marxistisch-leninistischen Kräften umfassen. Die antifaschistische Bewegung darf, will sie erfolgreich sein, dem Antikommunismus keine Chance geben!

Das Interbündnis Rhein-Main forderte in seinem Flyer und seinem Redebeitrag 'Kein Fußbreit den Faschisten' und erinnerte: es war kein Zufall oder unvorhersehbar, wenn der Täter seine Hassparolen in die tat umsetzt: Andere 'Volksgruppen' seien auszuweisen, ihre 'Existenz sei ein grundsätzlicher Fehler' und sie müssten 'komplett vernichtet werden'. Auffallend viele Jugendliche beteiligten sich an der Demo. Sie waren nicht damit einverstanden, dass diese Tat vergessen oder verharmlost wird. Das war vielen ein inneres Anliegen und sie wollten dazu ihren Beitrag leisten.“

Das Benehmen der bürgerlichen Politiker und Politikerinnen, u. a. des hessischen Innenministers, ist abgrundtief beschämend. Sie trafen sich noch nicht einmal mit den Angehörigen, um ihnen zu kondolieren. Verwunderlich ist das nicht. So ist ihre Denkweise. Wenn man die Faschisierung des eigenen Staatsapparats betreibt und faschistische Netzwerke im Polizei-, Verwaltungs- und Justiz-Apparat sehenden Auges sich bilden lässt, kann man Angehörigen von Opfern eines faschistischen Mordanschlags nicht in die Augen schauen.

„So was hätt einmal fast die Welt regiert!
Die Völker wurden seiner Herr, jedoch
Dass keiner uns zu früh da triumphiert -
Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch!“

Diese Verse von Bertolt Brecht sind uns Mahnung und Verpflichtung. Solange das internationale Finanzkapital seine Alleinherrschaft ausübt, existiert die Gefahr, dass die Herrschenden eine faschistische Diktatur errichten. Deshalb setzen MLPD und REBELL sich mit aller Kraft für einen neuen Aufschwung des Kampfs für den echten Sozialismus ein.