Geschützt werden nur die Profite

2020toennies gabriel

Wer hat nicht noch die markigen Worte bürgerlicher Politiker, darunter auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, im Ohr, die angesichts diverser Corona-Ausbrüche in der Fleischindustrie „hartes Durchgreifen“ angekündigt hatten. Die seit dem 1. Juli 2020 geltenden Regelungen für die NRW-Fleischindustrie aus dem Hause Laumann entpuppen sich aber bei genauerem hinsehen nicht nur als „laues Lüftchen“ sondern als handfester Skandal.

In der Allgemeinverfügung „Vermeidung weiterer Infektionsgeschehen in den Großbetrieben der Fleischwirtschaft“ wird lediglich eine wöchentliche Testung aller Beschäftigten in Betrieben mit bis zu 100 Mitarbeitern, zweimal wöchentlich bei größeren Betrieben und der – eigentlich selbstverständliche – jederzeitige Zugriff auf die Adressen aller Beschäftigten vorgeschrieben. Kein Wort zu besonderen Schutzmaßnahmen wie Mindestabstände, besondere Schutzkleidung, mehr Pausen bei der anstrengenden körperlichen Arbeit oder Regelungen für die Klimaanlagen aufgrund der dazu vorliegenden neueren Erkenntnisse. „Schutzkonzepte“ bleiben nach wie vor den Unternehmen vorbehalten, an den dort herrschenden skandalösen Arbeitsbedingungen wird nicht gerüttelt.

Eine weitere „Allgemeinverfügung“ des NRW-Gesundheitsministeriums speziell für den Tönnies-Standort Rheda-Wiedenbrück ermöglicht Tönnies die sogenannte „Arbeitsquarantäne“: Arbeiter und Angestellte mit negativem Corona-Test oder ohne Testergebnis und ohne Corona-Symptome in den Bereichen Verwaltung, Technik/Instandhaltung, Reinigung und Sicherheit müssen durch diese skandalöse Ausnahmeregelung trotz Quarantäne arbeiten.

Hart arbeiten und nur auf direktem Weg zwischen Wohnung und Arbeitsplatz pendeln (ohne ÖPNV) – mit dem Segen der NRW-Landesregierung. Noch weiter ging ausgerechnet Baden-Württemberg mit dem Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann: Bei der Firma Müller-Fleisch im Enzkreis durften negativ getestete, aber noch zur Quarantäne verpflichtete Beschäftigte im April 2020 sogar in der Produktion eingesetzt werden.

Diese Beispiele zeigen wieder einmal, dass der Gesundheitsschutz der bürgerlichen Politiker und Regierungen dort endet, wo es um die Profite der Konzerne geht. Vor allem die „Arbeitsquarantäne“ muss entschieden bekämpft werden, zeigt sie doch, worum es in diesem kapitalistischen System geht: Hauptsache, der Profit stimmt. Die Gesundheit der Arbeiter und Angestellten ist offenbar Nebensache. Warum nicht gleich Quarantänelager in den Betrieben? Wenn Arbeiter wegen Corona in Quarantäne müssen, dann richtig - und verbunden mit der unbefristeten Lohnfortzahlung inklusive aller Zulagen!

Wirksamen Gesundheitsschutz können wir nur selber gegen die Profitinteressen erkämpfen.