Im März ist die offizielle Inflationsrate in Deutschland sprunghaft auf 7,3 Prozent, im gesamten Euroraum sogar auf 7,5 Pozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen. Sie erreichte damit den höchsten Stand seit mehr als 40 Jahren. Für die breite Masse der Bevölkerung, insbesondere für Arbeiterhaushalte, liegt die Teuerung sogar weit darüber, zurzeit mindestens bei 12 Prozent.

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Denn Nahrungsmittel und Energieverbrauch, deren Preise besonders stark steigen, machen bei ihnen einen viel höheren Anteil der Ausgaben aus als im offiziellen "Warenkorb" ausgewiesen. Dort werden Strom, Wasser und Gas z.B. mit weniger als 8 Prozent von den Gesamtausgaben „ein-gepreist“, Nahrungsmittel nur mit 9,7 Prozent. Arbeiterfamilien müssen jedoch für diese Ausgaben zusammen mindestens 30 Prozent ihres Einkommens ausgeben. Das trifft noch stärker auf Minijobber, Erwerbslose, Alleinerziehende und Renterinnen und Rentner zu.

Was sind die Ursachen der Teuerung?

Der Vize-Chef der europäischen Zentralbank (EZB), Luis de Guindos, erklärt die steigende Inflation mit „Auswirkungen des Krieges“ in der Ukraine, weil „im Sog des russischen Überfalls“ die Energie- und Rohstoffpreise stark gestiegen seien. Der Krieg würde demnach wie eine Naturgewalt die Preise ganz von selbst nach oben treiben. Gleichzeitig orakelt de Guindos ohne jede Begründung, „in der zweiten Jahreshälfte werde die Inflation voraussichtlich nachgeben“. Tatsächlich ist ein Ende der Preissteigerungen nicht in Sicht. Die Erzeugerpreise, d.h. die Preise für Rohstoffe, Halbfertigwaren und Energieverbrauch, sowie die Frachtraten im Welthandel sind schon lange vor dem Ukraine-Krieg ständig im zweistelligen Bereich gestiegen.

Sie wurden unter schamloser Ausnutzung der Coronakrise sowie der Rohstoff- und Logistikkrise von den marktbeherrschenden Großkonzernen, den Monopolen, nach oben getrieben.

Der Einbruch der industriellen Produktion in der Weltwirtschafts- und Finanzkrise und die Maßnahmen gegen die Corona-Krise hatten zum Zerreißen vieler Lieferketten geführt. Die Luftfracht musste eingeschränkt werden, Container stapelten sich an allen großen Häfen der Welt. Das wurde von Reedereien und Cargo-Airlines zu Preissteigerungen großen Stils genutzt. Aktuell liegen die Preise in der Schifffahrt bei 16.000 Dollar je 40-Fuß-Container, vor zwei Jahren waren es noch um die 2000 Dollar. Die Lufthansa-Cargo verdoppelte in 2021 ihre Profite auf 1,5 Milliarden Euro. Preistreiberei der Bergbaumonopole führte zu drei- bis viermal höheren Rohstoffpreisen gegenüber 2020. Und die Energiekonzerne erhöhten allein im Januar 2022 ihre Preise um 28,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Die Steigerungen der Erzeugerpreise und Frachtraten des letzten Jahres schlagen jetzt auf die Konsumentenpreise durch und werden sie auch noch in den nächsten Monaten nach oben treiben.

Raoul Rossmann, Chef der Drogeriekette Rossmann, sagte dem Handelsblatt: „Der starke Anstieg bei den Frachtkosten wird auf jeden Fall zu Preiserhöhungen im Handel führen.“ Und die Erzeugerpreise steigen weiter unaufhörlich. Jetzt dient als Begründung der Ukraine-Krieg. Die Erzeugerpreise wurden im Februar um 25,9 Prozent angehoben, die importierte Energie wurde sogar „in Erwartung“ des Ukraine-Kriegs um 129,5 Prozent teurer. Und mit Beginn des Ukraine-Kriegs sind die Preise noch einmal geradezu explodiert. Dabei ist bis jetzt nicht ein Tropfen weniger Öl und kein Kubikmeter Gas weniger nach Deutschland geliefert worden. Der Ukraine-Krieg hat allerdings die Luftfracht weiter verteuert, da der Luftraum über Russland und der Ukraine nicht mehr nutzbar ist und große Umwege nötig sind.

"Wir erwarten, dass die Preise für Luftfracht auf der Europa-Asien-Route um mehr als 30 Prozent steigen werden", sagt Ruxandra Haradau-Döser, Luftfahrtexpertin von Kepler Cheuvreux. Die aktuellen Steigerungen der Erzeugerpreise und der Frachtraten werden aber erst in frühestens einem halben Jahr auf die Einzelhandelspreise durchschlagen! Deshalb ist auch langfristig ein weiterer deutlicher Anstieg der Lebenshaltungskosten zu erwarten. Die Tendenz zu einer galoppierenden Inflation breitet sich aus und ist keine schnell vorübergehende Sache.

Immer drängender wird in den bürgerlichen Massenmedien gefordert, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen anheben soll, um der Inflation gegenzusteuern. Bis jetzt ohne Erfolg. Sie treibt die Inflation sogar weiter voran mit ihrer Niedrigzins-Politik und dem verstärkten Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen im Interesse der in Europa ansässigen internationalen Übermonopole. Die damit auf Pump geschaffene künstliche Nachfrage ermöglicht den Monopolen, noch stärker die Preise zu erhöhen und die Inflation anzutreiben. Und das ist durchaus gewollt. Nur so kann die gigantische Staatsverschuldung durch ihre Entwertung in Schach gehalten werden.

Hohe Lohnforderung aufstellen und durchsetzen!

Mit dem Ukraine-Krieg häufen sich die Stimmen von Monopolherren, Regierungsvertretern, aber auch von führenden Gewerkschaftern, die Arbeiterklasse müsse jetzt zugunsten der Ukraine-Kriegspolitik der Monopole und ihrer Regierung Opfer bringen. Sie müsse auf den Kampf um höhere Löhne verzichten bzw. sich mit geringen Lohnerhöhungen begnügen. Doch das dient nicht dem Frieden, im Gegenteil. Das würde nur der zunehmend aggressiven imperialistischen Politik der deutschen Monopole und ihrer Regierung nutzen.

Wir sollen stillhalten und uns mit dem „Entlastungspaket“ für die Bevölkerung durch die Regierung abfinden. Das ist aber kein Ausgleich für die massiv steigenden Energie- und Lebenshaltungspreise. Auffallend ist, dass es sich durchweg um Einmalzahlungen oder zeitweilige Maßnahmen handelt. Die "Energiepreispauschale“ von einmalig 300 Euro ist z.B. ein Tropfen auf den heißen Stein. Das kann keineswegs die immensen Preissteigerungen auffangen und bietet längerfristig keine "Entlastung" für Arbeiterhaushalte, und schon gar nicht für Rentner oder Erwerbslose.

Nur ein organisierter Kampf um höhere Löhne und Gehälter ist ein wirksames Mittel gegen die Inflation! Dazu müssen entsprechende Forderungen in den anstehenden Tarifauseinandersetzungen aufgestellt werden. Andere Tarifverträge haben noch teils jahrelange Laufzeiten. Deshalb wird es nötig sein, selbständig um Lohnnachschlag zu kämpfen und zu streiken! Wir fordern:

  • Tabellenwirksame Erhöhung um einen Festbetrag in Höhe von 10 Prozent des Tarif-Ecklohns bei Entgelt (ca. 300 Euro in der Metallindustrie)!
  • Erhöhung der Ausbildungsvergütung um 10 Prozent!
  • Gesetzlicher Mindestlohn von 15 Euro – sofort!

Zugleich müssen wir für reale Rentenerhöhungen und eine Mindestsicherung von aktuell 1150 Euro für alle eintreten. Nutzen wir den bevorstehenden 1. Mai, um unseren Kampf für einen Ausgleich für steigende Lebenshaltungskosten zu verbinden mit dem Kampf gegen jeden Imperialismus, gegen den Krieg in der Ukraine und gegen die Weltkriegsgefahr!