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Kategorie: Organisation
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Am 16. Februar, tagte in Kassel erfolgreich der vierte Bündniskongress des Internationalistischen Bündnisses gemeinsam mit der Delegiertenkonferenz der bundesweiten Montagsdemobewegung. Erstmals tagten die Konferenzen dieser beiden bundesweiten überparteilichen Zusammenschlüsse gemeinsam – ein wichtiger Fortschritt. So waren Vertreterinnen und Vertreter von 22 der 41 Bündnisorganisationen, Delegierte von 28 örtlichen und regionalen Bündnissen und von 31 Montagsdemonstrationen anwesend. Das ist etwas einmaliges – von strategischer Bedeutung. So entstehen Strukturen der direkten Demokratie und einer Einheitsfrontpolitik, in der sich örtlich fortschrittliche Kräfte beraten, abstimmen, vereinheitlichen, in Theorie und Praxis zusammenwachsen.

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Eröffnet wurde der Kongress vom Kassel-Rothenditmolder Bezirksvorsteher Hans Roth und einem VW-Arbeiter aus Kassel. Es kamen Vertreterinnen und Vertreter verschiedener klassenkämpferischer, fortschrittlicher, umweltbewegter, internationalistischer, migrantenpolitischer etc. Organisationen aus Deutschland, revolutionärer Parteien wie der MLPD, und Jugendorganisationen zusammen - mit Vertreterinnen und Vertretern von vier verschiedenen türkischen Migrantenorganisationen, Arbeiterinnen und Arbeitern aus zahlreichen Großbetrieben, Flüchtlingen aus Kamerun, Kurdistan, dem Iran und zahlreichen weiteren Ländern, Menschen aus Ost und West, Jung und Alt. Da soll nochmal einer sagen, man kriegt keine vier Leute unter einen Hut – und das in Zeiten der gesellschaftlichen Polarisierung, geschürter Verwirrung über die gesellschaftlichen Verhältnisse und massiver antikommunistischer Angriffe auf zahlreiche Beteiligte.

Ein Tag der Einheit, der der gemeinsame Vorgehen deutlich gestärkt hat!

Die Gastgeber von der Koordinierungsgruppe des Internationalistischen Bündnisses und der Koordinierungsgruppe der Bundesweiten Montagsdemonstration freuten sich, einen Vertreter der International Leaque of People's Struggle (ILPS) und einen Vertreter der Internationalen Koordinierung revolutionärer Parteien und Organisationen (ICOR) begrüßen zu können. Die beiden Vertreter von ILPS und ICOR stellten die Internationale Einheitsfront gegen Faschismus und Krieg vor. In einer Videobotschaft grüßte das Gründungsmitglied des ILPS, José Maria Sison, den Kongress. Großen Applaus gab es für die anwesenden Dr. Banu Büyükavci und Erhan Aktürk, beide sind Angeklagte im sogenannten „Kommunisten“-Prozess in München, und Dank der breiten Solidarität und des gemeinsamen Kampfes - auch des Internationalistischen Bündnisses - aktuell in Freiheit.

Trägerorganisationen und Zehntausende Unterstützer

41 Trägerorganisationen und 35.000 Unterstützerinnen und Unterstützer zählt das Internationalistische Bündnis inzwischen. Damit ist der Anfang einer Einheitsfront in Deutschland gemacht, die heute dringend notwendig ist. Die Erweiterung des Namens des Internationalistischen Bündnisses auf "Internationalistisches Bündnis gegen Rechtsentwicklung, Faschismus und Krieg" wurde einstimmig beschlossen.

Lebhafte und kontroverse Diskussion

Welche Aufgaben sich für das Internationalistische Bündnis, die Bundesweite Montagsdemo und alle fortschrittlichen und revolutionären Menschen stellen, und wie eine starke und breite überparteiliche Bewegung gegen die Rechtsentwicklung der Regierung und der bürgerlichen Parteien, gegen Faschismus und Krieg aufgebaut werden kann, darüber entspann sich eine lebhafte, auch kontroverse Diskussion.

Die Internationalistische Liste / MLPD hat 2019 eine erfolgreiche Landtagswahlkampagne in Thüringen und eine erfolgreiche Europawahlkampagne erkämpft. Ein Ergebnis: Heute ist das Bündnis in mindestens 20 Städten in Thüringen vertreten. Das Internationalistische Bündnis hat das Gedenken an Ernst Thälmann gegen eine antikommunistische Kampagne durchgesetzt und juristisch erreicht, dass der Faschist Björn Höcke auch als solcher bezeichnet werden darf - was bis hin in die bürgerlichen Massenmedien Einzug gehalten hat.

Nachdem das Bündnis schon den Kampf gegen die Rechtsentwicklung in Deutschland geprägt hat, als noch keiner darüber sprach, hat es so erreicht, dass das Wort „Faschismus“ wieder in den öffentlichen Sprachgebrauch eingegangen ist. Statt verharmlosend und im Sinne des bürgerlichen Antifaschismus nur über „Extremismus“ zu sprechen, wie in vielen Medien über Jahrzehnte verbreitet, wird so der Klassencharakter dieses Phänomens wieder benannt.

Ein Einleitungsbeitrag der Konföderation der ArbeiterInnen aus der Türkei in Deutschland (ATIF) legte anhand der Münchner Sicherheitskonferenz dar: Die zwischenimperialistischen Widersprüche verschärfen sich - und damit die Kriegsgefahr in der Welt. Immer mehr Stellvertreterkriege werden geführt. Ein Hintergrund dieser Entwicklung ist die aktuelle Weltwirtschaft- und Finanzkrise. Die imperialistische deutsche Bundesregierung ist unter dem Schlagwort „wieder mehr Verantwortung übernehmen“ daran führend und direkt beteiligt.

Hintergrund Antikommunismus

Als Kern der Rechtsentwicklung arbeitete Gabi Fechtner in einem einleitenden Statement (neben Beiträgen von ATIF und dem Linken Forum/Radevormwald) den Antikommunismus heraus. Gabi Fechtner„Was war die hauptsächliche Motivation für den Eklat im Thüringer Landtag? Der pure Antikommunismus:  'Hauptsache die Sozialisten sind weg', so fasste es Hans-Georg Maaßen, ehemaliger Präsident des Inlandsgeheimdienstes und Galionsfigur der sogenannten CDU-“Werte“-Union treffend zusammen.

Wer dem Antikommunismus eine Berechtigung einräumt, der liefert den Faschisten eine Rechtfertigung, ob er will oder nicht – und wird gegen sie zumindest massiv entwaffnet. Wir brauchen eine Bewegung, die gesamtgesellschaftlich diesen Antikommunismus angreift, seinen Charakter zum Erhalt des Kapitalismus deutlich macht, eine Stimmung in die demokratische Öffentlichkeit hinein erzeugt, der Art, dass die Leute damit fertig werden. Wer konsequent gegen die Rechtsentwicklung kämpfen will, wer eine starke Einheitsfront gegen Faschismus und Krieg, aber auch den gemeinsamen Kampf in den Betrieben und Gewerkschaften stärken will, der muss auch den Antikommunismus bekämpfen.“

Einstimmig beschloss der Kongress eine gemeinsame Resolution "Gib Antikommunismus keine Chance"

Teil der Rechtsentwicklung ist auch eine Ausbeutungsoffensive in den Betrieben, wogegen eine Reihe von Arbeitervertretern aus verschiedenen Städten und Betrieben sprachen. Das Internationalistische Bündnis und die Bundesweite Montagsdemonstrationsbewegung organisieren auf der Grundlage des Kampfes und auf Augenhöhe die Kampfeinheit in Ost und West, die Einheit zwischen Stammbelegschaften und Leiharbeitern und die Einheit zwischen Arbeitern und Arbeitslosen.

Fester Wille, sich nicht spalten zu lassen …

In der Diskussion wurde auch auf die bundesweit abgestimmten antikommunistischen, liquidatorischen und spalterischen Angriffe gegen das Internationalistische Bündnis, besonders gegen die MLPD, eingegangen. Es wurde mehr und mehr deutlich, dass es sich dabei um eine von den Herrschenden ausgehende Kampagne mit willfährigen Helfern in verschiedenen sozialen Bewegungen handelt. Als „Rote Linie“ wurde auf dem Kongress vereinheitlicht: Wer mit dem Staatsapparat, bürgerlichen Parteien und anderen Antikommunisten gemeinsame Sache macht, gegen Revolutionärinnen, Revolutionäre und Marxisten-Leninisten vorgeht, antikommunistische Fahnenverbote mit Gewalt durchsetzt, der ist nicht Teil der Bewegung! Auch bestehende Kontroversen, wie mit solchen Angriffen umzugehen ist, wurden offen, solidarisch und im Sinne der gemeinsamen Sache klärend diskutiert.

Die Montagsdemobewegung brachte anschaulich soziale Belange ein. So wurde aus Magdeburg vom Kampf der Beschäftigten bei AMEOS berichtet, der von der dortigen Montagsdemo solidarisch unterstützt wird. Aus Heidelberg kam ein Bericht über die Zusammenarbeit der dortigen Montagsdemo mit dem Verein Üsoli Genial im Kampf gegen Hartz IV. Ein weiterer Montagsdemonstrant präsentierte ein selbstgemachtes Diagramm über die realen Arbeitslosenzahlen in Deutschland etc.

Ehrensache war es dem Kongress, dem Kasseler Opfer der faschistischen NSU-Terrortruppe, Halit Yozgat, zu gedenken. Am Halitplatz wurde ein Kranz niedergelegt. Es wurde eine Gedenkminute abgehalten und auf den skandalösen Vorgang aufmerksam gemacht, dass bei diesem Mord ein V-Mann des „Verfassungsschutzes“ anwesend war, der bis heute in der öffentlichen Verwaltung beschäftigt ist und nie zur Rechenschaft gezogen wurde.

Das wurde beschlossen

Der Geist des Kongresses zeigte sich auch in den weiteren Beschlüssen, die die Delegierten fassten. So wird die Herbstdemonstration der Montagsdemonstrationsbewegung gemeinsam vorbereitet. Die von Werksschließungen bedrohten Stahlarbeiter bei Thyssenkrupp erhalten Solidarität, und sind herzlich eingeladen bei der Arbeiterplattform des Internationalistischen Bündnisses mitzumachen. Die Solidarität mit der fortschrittlichen Musikgruppe Grup Yorum bzw. deren Mitgliedern, die sich aktuell im Kampf gegen ihre Unterdrückung in der faschistischen Türkei wehren, wurde erklärt. Das Rebellische Musikfestival, das vom 21. bis zum 23. Mai in Gelsenkirchen stattfindet, wird unterstützt.

Die Teilnahme des Internationalistischen Bündnisses an der Internationalen antiimperialistischen und antifaschistischen Einheitsfront wurde beschlossen. Die Rechenschaftsberichte des Bündnisrats des Internationalistischen Bündnisses und der Bundeskoordination der Bundesweiten Montagsdemonstrationsbewegung wurden beide ebenso angenommen, wie auch die Kassierer beider Zusammenschlüsse entlastet wurden. Das Internationalistische Bündnis wird Aktivitäten zum 75. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald ebenso unterstützen, wie Aktivitäten zum 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom Faschismus. Der 20-Punkte-Katalog des Flüchtlingspolitischen Kongresses 2019 wird ebenso unterstützt, wie die Klage gegen die Bundesregierung wegen deren Unterstützung des Regimes in Libyen.

Außerdem wurde die Teilnahme des Internationalistischen Bündnisses als Internationalistische Liste / MLPD an einer möglichen Neuwahl in Thüringen und zur nächsten Bundestagswahl - wann immer sie stattfinden wird – beschlossen. Die Kandidatinnen und Kandidaten stellten sich vor und erhielten das Vertrauen der anwesenden Delegierten. Die beiden Gremien, Bündnisrat des Internationalistischen Bündnisses und Bundeskoordination der Bundesweiten Montagsdemonstrationsbewegung, wurden neu gewählt.

Die erstmalige Kombination  der beiden Kongresse des Internationalistischen Bündnisses und der Montagsdemo-Bewegung hat zu einem komprimierten Programm mit engem Zeitplan geführt. Aber, so die einhellige Meinung, sich erfolgreich bewährt. Zum Ende des Kongresses brachte es ein Delegierter auf den Punkt: "Begeisternd war es. Ein wichtiger erkämpfter Erfolg und ein wichtiger Kongress in einer besonderen Zeit."

Weitere Beiträge brachten vorwärtsweisende Gedanken ein:

Ein älterer Teilnehmer aus Erfurt brachte die Ergebnisse auf den Punkt: "Das ist gelebte Einheitsfront, die ich hier erlebe. Hier ist die Führung der Arbeiterklasse verwirklicht, aber auch alle anderen humanistischen Kräfte werden mitgenommen. Dieser Tag zeigt, dass die Einheitsfront nötig, aber auch möglich ist!"