Nach nicht einmal drei Wochen Krieg in der Ukraine ist Deutschland aktiver Kriegsförderer. Aktiv besonders in Form von Waffenlieferungen. Viele Menschen wirken zunehmend besoffen vor vermeintlicher Solidarität mit der Ukraine. Geschenkt, dass die Waffenlieferungen den Krieg verlängern und die Zahl der Toten erhöhen. Als würden dort jetzt die sterben, die Verantwortung für die Massaker tragen. Es sind nicht die Söhne und Töchter der russischen Führung, der russischen Oligarchen, es sind auch nicht die Söhne und Töchter der ukrainischen Führung und deren Oligarchen, die auf den Straßen Kiews, Charkiws oder Mariupols verrecken. Nein, es sterben immer die kleinen Leute, die bestenfalls noch glauben, für eine gute, wichtige Sache einzutreten, die aber letztlich nur für die wirtschaftliche Freiheit derer, die eh‘ schon fast alles besitzen, zugrunde gehen.

Auch auf vermeintlichen Anti-Kriegs-Demos ist der Ruf nach weiteren Waffenlieferungen zu hören. Darüber hinaus können vielen Deutschen die gegen Russland verhängten Sanktionen nicht hart genug sein. Es will offensichtlich nicht nur die deutsche Außenministerin Russland ruinieren. Da regt sich dann auch kaum jemand so richtig darüber auf, dass der ehemalige Bundespräsident Gauck vor dem Hintergrund zu erwartender Auswirkungen der Sanktionen für die Menschen in Deutschland empfiehlt, doch bitteschön demnächst für die Freiheit zu frieren. FDP-Chef Christian Lindner erwartet von uns die Bereitschaft, negative Auswirkungen der Solidarität mit der Ukraine in Kauf zu nehmen. Sich selbst wird er damit kaum meinen. Außenministerin Baerbock ist sich sicher, dass Deutschland bereit ist, einen hohen wirtschaftlichen Preis zu zahlen. Dabei weiß sie genau, wer letztlich wirklich diesen Preis bezahlt und dass sie selbst das nicht sein wird. Heuchelei allerorten.

Auch LINKE beteiligen sich an Überlegungen zur vom deutschen Bundeskanzler ausgerufenen Zeitenwende. Die einen wollen die allgemeine Wehrpflicht wieder einführen, andere wollen wenigstens Beziehungen zu russischen Partnerstädten auf Eis legen. Da will natürlich der CDU-Vorsitzende Merz nicht hintenan stehen und bringt sich schon mal mit Überlegungen eines Eingreifens der NATO in den Krieg ins Gespräch.

Positiv bei all diesen überschwänglichen Empörungsgefühlen ist immerhin, dass die Aufnahmebereitschaft von Menschen auf der Flucht, sofern sie die richtige Staatsangehörigkeit haben, derzeit ziemlich hoch ist. Auch Spendenbereitschaft und Spendenaktionen haben Hochkonjunktur. Sogar fahnenflüchtige Russen sollen bevorzugt behandelt werden. Eine Bevorzugung, die deutschen Fahnenflüchtigen des zweiten Weltkriegs übrigens so halbwegs erst 2002 zugestanden wurde. Was mit ukrainischen Männern bis 60 Jahre geschehen wird, die sich der von der ukrainischen Führung angeordneten Kriegsteilnahmepflicht hier in Deutschland entziehen, wissen wir noch nicht. Auf vergleichbare Hilfsbereitschaft dürfen hingegen all die Menschen in all den anderen Kriegen (man glaubt es kaum, aber die gibt es) nach wie vor nicht hoffen.

Auf jede Besoffenheit folgt unweigerlich ein Kater. Wir sind gespannt, was aus all der Toleranz und Hilfsbereitschaft wird, wenn die Flüchtlingszahlen sich verdoppelt haben und der Liter Benzin 4 Euro kostet.

Die derzeit in Deutschland vorherrschende Stimmung von Eskalation und Anspannung ist in Bezug auf die Beendigung des Kriegs in der Ukraine nicht zielführend. Was es endlich braucht, sind Deeskalation und Entspannung. Beides ist derzeit weder in Sicht noch gewünscht, so traurig das klingen mag.

DIE LINKE, Kreisverband Lippe, Christiane Escher und Lothar Kowelek, 13.3.2022