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Der Vorstoß des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier (SPD) für eine „soziale Pflichtzeit“ ist nicht einfach eine Wiederholung alter Debatten, sondern zielt auf die Militarisierung der Jugend für die Weltkriegsvorbereitung, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit seiner „Zeitenwende“ betreibt.

"Gerade jetzt... kann eine soziale Pflichtzeit besonders wertvoll sein", schwelgt Steinmeier.Das baut Vorurteile ab und stärkt den Gemeinsinn". Als Erstes denkt er an die Bundeswehr, wahrlich eine soziale Einrichtung! Und diese Bundeswehr bekommt einfach nicht genug Nachwuchs.

Steinmeiers Vorstoß stößt auf einige Gegenliebe aus den bürgerlichen Parteien. Im saarländischen Landtag haben sich alle Fraktionen dafür ausgesprochen. AfD-Fraktionschef Dörr überschlägt sich regelrecht: „Ich halte diese Idee für hervorragend.“ Auch Bodo Ramelow, Linken-Ministerpräsident Thüringens, begeistert sich dafür. Sie alle treibt der Traum einer Klassenharmonie an, in der nur noch der „Gemeinsinn“ Deutschlands zählt, für den es sich lohne, Dienst zu tun. Trügerisch stützen sie sich auf eine momentan gewachsene Akzeptanz der Dienstpflicht selbst unter Jugendlichen.

Doch diese wird sich ebenso wie die psychologische Kriegsführung, die ihr zugrunde liegt, bald abnutzen, auch unter dem Einfluss der bewusstseinsbildenden Arbeit der MLPD. Das ahnt Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) schon: Sie findet die Dienstpflicht "überlegenswert, gerade in Krisenzeiten". "Das Prinzip der Freiwilligkeit habe ich immer unterstützt, aber wir leben in einer veränderten Zeit und vielleicht gehört zur Zeitenwende auch, dass jeder junge Mensch ein Jahr seines Lebens für den Einsatz für die Allgemeinheit aufbringt", sagte sie. Und CDU-Toscani will mit dem Pflichtdienst „für eine gewisse Zeit Personal für die Bundeswehr gewinnen“.

Die Jugend soll sich der Militarisierung und den imperialistischen Zielen Deutschlands unterordnen und sei es mit Zwang. Da die jungen Leute in ihrem „sozialen“ Dienst in der Bundeswehr militärisch völlig nutzlos wären, will man sie in diesem Jahr für die „Karriere“ als Zeit- oder Berufssoldat gewinnen.

Doch es geht um mehr als Militarisierung. „Ein solches Jahr brächte gleich mehrere Vorteile mit sich: In vielen Berufen, etwa dem Gesundheits- und Pflegewesen sowie in der Sozialpädagogik, herrscht in Deutschland ein extremer Fachkräftemangel ... Warum sollten wir nicht versuchen, diese ... wichtigen Bereiche in ihrer Personalnot punktuell zu entlasten?“, so Serap Güler vom CDU-Bundesvorstand schon im März in einem Artikel im Spiegel. Die bürgerlichen Politiker lockt die Aussicht, komplette Jahrgänge als billige Arbeitskräfte und Lohndrücker ausbeuten zu können – Teil der Abwälzung der Krisen- und Kriegslasten auf die Massen. Was Werbung für das freiwillige soziale Jahr und Ehrenamt nicht ausreichend schaffen, könnte dann mit Zwang durchgesetzt werden.

Die Einführung einer Dienstpflicht ist momentan noch nicht ausgemacht: ihre Funktion für die Militarisierung und Kriegsvorbereitung und die Ausbeutung der Jugendlichen durch den Staat scheinen einigen Monopolen durchaus verlockend. Doch schreckt sie, dass sich Pflegekräfte und ver.di schon jetzt so gar nicht für diesen „Gemeinsinn“ begeistern, sondern höhere Löhne, mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen fordern anstatt miserabel bezahlte und nicht qualifizierte Dienstleistende. Und nur 4% der Jugendlichen können es sich überhaupt vorstellen, sich einmal bei der Bundeswehr zu bewerben. Und so sehr einige Monopole auch politisch mit einer allgemeinen Dienstpflicht liebäugeln, so wenig passte es ihnen, wenn ihnen bis zu 800 000 Arbeitskräfte (so groß ist ein Jahrgang ungefähr) weniger für ihre Profitmaximierung zur Verfügung stünden.

Im Moment lässt sich eine allgemeine Dienstpflicht noch nicht durchsetzen. Zu groß ist die Ablehnung selbst in den bürgerlichen Parteien und v.a. der Jugendlichen. So kritisierte Kristof Becker, Vorsitzender der DGB-Jugend: "Wer junge Menschen davon überzeugen möchte, in bestimmten Bereichen zu arbeiten, der sollte für gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen sorgen und nicht nach Pflichtdiensten schreien."

Die neue aggressive Ausrichtung der deutschen Politik erfordert die Militarisierung der ganzen Gesellschaft. Eine Dienstpflicht wäre ein Baustein der Militarisierung. Die immer wieder aufgewärmte Debatte soll heute vor allem ideologisch den Boden bereiten, um sie gegebenenfalls ohne größeren Widerstand einführen zu können. Deshalb muss diesen Plänen eine grundsätzliche Abfuhr erteilt werden im revolutionären Sinn August Bebels: „Diesem System keinen Mann und keinen Groschen!“ bzw. heute "keinen Mensch und keinen Euro".