Die revolutionäre Weltorganisation ICOR hat ihre zweite Online-Zeitung zu Palästina veröffentlicht. Sie enthält Beiträge von revolutionären Parteien und Organisationen aus der ganzen Welt zur Palästinafrage und zum Befreiungskampf des palästinensischen Volks.
Das komplette Online-Magazin gibt es bisher auf Englisch, weitere Sprachen werden folgen. Hier steht das Magazin zum Download im pdf-Format zur Verfügung. Die ICOR-Partei MLPD hat ebenfalls einen Beitrag beigesteuert.
Die MLPD bedankt sich herzlich für die vielen anregenden Beiträge in der ersten online Zeitung zum palästinensischen Befreiungskampf – von innerhalb und außerhalb der ICOR.
Die Palästina Solidaritätsbewegung ist heute in ihrer weltweiten Bedeutung vergleichbar mit der Vietnam-Solidarität Ende der 1960er/Anfang 1970er Jahre. In den USA ist die Solidaritätsbewegung sogar heute schon größer und breiter als die Solidarität mit Vietnam. Es ist die größte antiimperialistische Solidaritätsbewegung, die es seit der Vietnam-Solidarität gibt. Jeder fortschrittliche Mensch, nicht nur Marxisten-Leninisten, sondern jeder Antifaschist, jeder Demokrat muss hier klar Stellung beziehen für den Befreiungskampf des palästinensischen Volkes. Und zwar ohne Wenn und Aber!
Gleichzeitig haben wir weltweit eine Situation, in der – im Gegensatz zur Zeit des Vietnamkriegs – der Faschismus zunimmt. Zu dieser anwachsenden Welle des Faschismus – vorneweg von US-Präsident Trump – gehört auch islamistisch verbrämter Faschismus wie z.B. des IS/Daesh und dessen versuchter Völkermord an der kurdischen, der jezidischen Bevölkerung. Solche faschistischen Organisationen, egal welcher Couleur, können niemals als antiimperialistische Kraft angesehen werden; nur weil sie die USA bekämpfen; man kann sie in keiner Form unterstützen. Es ist sehr bedeutsam, dass die ICOR sich mit ihrem Solidaritätspakt mit Al-Awda auf ein säkulares und demokratisches Projekt bezieht und die damit verbundenen Kräfte stärkt. Wir stehen auf der Seite des Befreiungskampfes gegen den Imperialismus. Wir stehen an der Seite der Arbeiterklasse international. Wir stehen auf der Seite aller vom Imperialismus unterdrückten Menschen.
Israel ist heute ein imperialistisches Land und verfolgt Groß-Israel Pläne. Das ist die Ursache für die geplante völlige Kontrolle über den Gazastreifen und die Vertreibung und Vernichtung der gesamten Bevölkerung. Die Erklärung der neuen Offensive der israelischen Regierung besiegelt die praktische Umsetzung der zionistischen Besatzungspläne. »Die Welt wird Zeuge eines live übertragenen Völkermordes« stellt Amnesty International fest. Bei der jetzigen Kriegsführung des zionistischen, faschistischen und imperialistischen Israel wird nicht »nebenher«, als Begleiterscheinung, das palästinensische Volk vertrieben und ausgerottet. Der Genozid ist der Plan, ebenso die systematische Vertreibung des palästinensischen Volkes, es in andere Länder abzuschieben. Es wird bewusst der massenhafte Hungertod herbeigeführt. Es werden bewusst keine Hilfslieferungen reingelassen, es werden bewusst die Grenzen zugemacht und bewusst die Mitarbeiter der Hilfsorganisationen ermordet. Das alles sind bewusste Entscheidungen, um das palästinensische Volk auszurotten. Deshalb handelt es sich um brutale Kriegsverbrechen und Völkermord.
So verurteilen wir entschieden die Behauptung, die Kriegsführung und der Genozid Israels gegenüber den Palästinensern sei eine Antwort auf den 7. Oktober 2023. Dieser wurde allenfalls zum Anlass genommen, aber der Einmarsch in Gaza war bereits längst geplant. Es ist eine üble Verleumdung, das palästinensische Volk allgemein als terroristisch zu diffamieren. Jeder Palästinenser ist heute für Israel ein Terrorist und sie verbreiten, wer Gaza nicht freiwillig verlässt, der unterstützt den Terrorismus und muss vernichtet werden. Diese Entwicklung ist nicht einfach eine Wiederholung der Nakba von vor 77 Jahren. Sie bedeutet eine neue Qualität der geplanten Auslöschung eines ganzen Volkes. Es ist die neue Qualität des Imperialismus und ist auch die neue Qualität der faschistischen Regierung in Israel und des Zionismus und deswegen müssen wir auch in einer neuen Qualität der internationalen Solidarität darauf antworten.
Die Hintergründe
Im Mittleren Osten wird im Moment der zwischenimperialistische Konkurrenzkampf enorm verschärft. Dies zwischen den alten imperialistischen Großmächten und neuimperialistischen Ländern wie der Türkei, Iran, Katar, Saudi-Arabien und insbesondere natürlich China, das allseitige Supermacht werden will. Nicht umsonst führte Trumps erste Auslandsreise in genau diese Region. China hat dort in den letzten Jahren stark an Einfluss gewonnen. Mit dem Abraham-Abkommen versuchen die USA, sich wieder stärker ins Spiel zu bringen und Trump übt immensen Druck aus, dass Saudi-Arabien das Abkommen unterschreibt, natürlich verbunden mit Milliardengeschäften.
Es zeigt sich auch, wie heuchlerisch die Imperialisten sind mit ihrer sogenannten Terror-Einstufung. Trump hat sich jüngst mit dem syrischen Übergangspräsidenten Al-Sharaa getroffen, der auf der amerikanischen Terrorliste steht. Aber weil Trump jetzt will, dass die syrische Regierung die amerikanische Vormachtstellung im Mittleren Osten unterstützt, wo sie sich wieder Positionen erkämpft haben, arbeitet er mit Leuten zusammen, die auf der eigenen Terrorliste stehen. Das ist die imperialistische Moral! Die islamistisch-faschistischen Kräfte werden von den Imperialisten genutzt als Söldner auf Seiten von Katar, Saudi-Arabien oder der Türkei, die über die Muslimbrüderschaft auch die Hamas unterstützt. Aber auch von den westlichen Imperialisten, die diese ja ursprünglich aufgebaut haben.
Diese geostrategischen Hintergründe sind wichtig, um die große Zuspitzung in der Region mit weltweiter Ausstrahlung zu verstehen. Damit legen sich Trump, Israel und die deutsche Regierung aber mit der ganzen weltweiten Solidaritätsbewegung mit Palästina an. Es ist erfreulich, dass diese deutlich macht, dass sie niemals aufgeben wird. Die Palästina Solidarität als heute größter internationalistischer Kampf ist auch ein entschlossener Gegenpol gegen den weltweit entfesselten Nationalismus, Chauvinismus und Faschismus. Er ist ein weltweit verbundener und koordinierter Kampf um Demokratie, Freiheit, Selbstbestimmung und mit wachsendem Gewicht auch für den Sozialismus.
Diese Entwicklung hat auch strategische Bedeutung. Wir von der MLPD führen gerade eine Kampagne durch, dem Sozialismus zu neuem Ansehen zu verhelfen. So viele Leute suchen angesichts all der Krisen des Imperialismus nach einer gesellschaftlichen Alternative. Wenn wir mit den Menschen diskutieren, wenn wir mit ihnen zusammen kämpfen, machen wir immer deutlich: Die Wurzel der Probleme liegt im Kapitalismus, im Imperialismus und die Perspektive kann nur im Sozialismus liegen! Einem Sozialismus, der die Schlussfolgerungen und Lehren zieht aus all den Errungenschaften, aber auch Fehlern der Vergangenheit.
Die besondere Verantwortung der Revolutionäre in Deutschland
Gerade unter den Menschen in Deutschland müssen wir oft erst einmal Aufklärungsarbeit betreiben. Nakba z.B. ist dort meist gar kein Begriff. Wir klären auf: Die erste Welle der Nakba begann Ende 1947. Mit terroristischen Methoden wurden unter der Regierung von Ben Gurion Menschen arabischer Ethnie, die in Palästina lebten, im Massenumfang vertrieben. Ihr Land, ihre Olivenbäume, ihre Schafe, ihre Häuser wurden weggenommen. 750.000 Palästinenserinnen und Palästinenser wurden vertrieben oder mussten fliehen. Die Katastrophe dauert bis heute und sie muss in unseren Herzen brennen, gerade im Herzen der Menschen in Deutschland.
In Deutschland wird diese Bewusstseinsbildung und dieser Kampf sehr weitgehend behindert und kriminalisiert. Die deutsche Verantwortung an der Shoah, der Ermordung von Millionen Juden wiegt unzweifelhaft schwer und gilt bis heute. Seit Beginn der revolutionären Arbeiterbewegung in Deutschland tritt die MLPD entschieden gegen den Antisemitismus an. Aber die Verbrechen des Holocaust werden fälschlich als Begründung und Rechtfertigung benutzt, um jede Kritik am Vorgehen von Israel als antisemitisch zu diskreditieren.
Dabei besteht die eigentliche Verantwortung gerade für uns in Deutschland in der Schlussfolgerung: Nie wieder Völkermord, nie wieder imperialistischen Krieg! Wir klagen die deutsche Bundesregierung an, dass sie mit Waffen, Unsummen von Geld, Diplomatie und mit ihrer Politik den Genozid in Gaza unterstützt. Um es im Klartext zu sagen: Das ist Beihilfe zum Völkermord! Ohne die USA, ohne die BRD könnte Israel diesen völkermörderischen Krieg so nicht führen. Der neue deutsche Außenminister Wadephul reiste als erstes nach Israel und verkündete: »Ich bin nicht sicher, ob so (mit dieser Art von Kriegsführung) die strategischen Ziele Israels erreicht werden können.« D. h. nichts anderes als: An den strategischen imperialistischen Zielen von Israel, ein Großisrel zu errichten und die Palästinenser zu vertreiben, gibt es keine Kritik. Beim Besuch von Jitzchak Herzog bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wurde Israel eine Bühne geboten für seine Propaganda. Scheinheilig erklärt der israelische Staatspräsident: »Mir ist bewusst, dass es Leid gibt in Gaza«. Das ist blanker Hohn!
Auch innerhalb Israels wird der Widerstand gegen den Krieg, gegen die Besatzungspläne und erst recht gegen Netanjahu lauter. Dieser Protest darf sich aber nicht auf die Freilassung der Geiseln beschränken, sondern muss den barbarischen Krieg gegen das palästinensische Volk und seine imperialistischen Motive ins Visier nehmen. Wir halten es nach wie vor mit Friedrich Engels, der sagte: »Ein Volk, das andere unterdrückt, kann selbst nicht frei sein.«